«Ein Trauma unterdrückt die Entfaltung des Lebens. Es unterbricht die Verbindung zu uns selbst, zu anderen Menschen, zur Natur und zu unserer geistigen Quelle.»

– Dr. Peter A. Levine

Trauma auflösen

Ein Trauma (griech.: Wunde) ist eine seelische Verletzung oder eine starke psychische Erschütterung, die durch ein oder mehrere extrem belastende Ereignisse ausgelöst wird. Jede als lebensbedrohlich wahrgenommene Situation – ob selbst erlebt, gehört oder beobachtet – in der man sich ohnmächtig, ausgeliefert und nicht mehr handlungsfähig fühlt, kann ein Trauma auslösen. Gefühle von Angst, Hilflosigkeit und existenzieller Bedrohung entstehen. Die Bewältigungsmechanismen des Menschen werden außer Kraft gesetzt. Es kommt zu einer dauerhaften Erschütterung in sich selbst und im Vertrauen auf die Welt. Gerald Hüter beschreibt es so: „Und nichts wird fortan so sein wie bisher.“ Das Gefühl geborgen zu sein, der Glaube an eine gerechte Welt, die Werte, an die man geglaubt hat, die Regeln, nach denen das Leben funktioniert hat, das Vertrauen in andere Menschen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geraten vollständig durcheinander. 

Wenn der Mensch erlebt, dass die angelegten Überlebensmuster bei Gefahr wie Angriff oder Flucht nicht mehr möglich sind, findet eine Erstarrung statt. Die Situation wird gedanklich und gefühlsmäßig festgehalten, bleibt damit im gesamten System des Menschen gebunden. Der Psychologe Peter A. Levine beschreibt ein Trauma als eine „unvollständige Antwort des Körpers auf eine als lebensbedrohlich erfahrene Situation“. Das System reagiert von da an immer wieder in bestimmten Belastungssituationen (Trigger) auf die einst erlebte Bedrohung. Schon kleine Dinge wie ein Blick, ein Geruch, ein Geräusch reichen als Auslöser und die Situation fühlt sich genauso bedrohlich an wie früher. Die Überflutung von Gefühlen kann zu Flashbacks führen. „Ein Trauma, das man nicht realisiert (integriert), muss man wieder erleben oder reinszenieren“, beschreibt es der Psychiater Pierre Janet.

Menschen, die Traumata erlebt haben, brauchen therapeutische Hilfe, um zu ihrer Handlungsfähigkeit, Kraft und Selbstwirksamkeit zurückzufinden. Das Erstarren im Körper muss wieder in den Fluss, in den Ausdruck gebracht werden. Wie eine körperliche Verletzung braucht auch ein Trauma als eine tiefe Verletzung der Seele Zeit zum Heilen. Sicherheit und Geborgenheit im therapeutischen Setting sind die Voraussetzung für das langsame Erfahrbarmachen, dass es einen sicheren inneren Ort gibt. Die Entwicklung dieses sicheren Ortes ist essentiell wichtig für die aktive weitere Teilhabe am Leben. Dieser kann Mithilfe von traumatherapeutischer Intervention und Ich-stärkender Imagination in sich selbst gefunden werden. In dem liebevollen, sanften Setting können Geborgenheit und Sicherheit langsam entwickelt und wieder gefühlt werden. Die eigene Fähigkeit zur Selbstkontrolle und Selbstberuhigung wird gestärkt. Über körpertherapeutische Elemente wird die Selbstwahrnehmung gefördert und ein achtsamer, liebevoller Umgang mit dem eigenen Körper entwickelt. Aus der Erstarrung entsteht Bewegung, Lebendigkeit, Lebensfreude. Innere Stabilität und neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen sich. Die Selbstwirksamkeit wird wieder fühlbar. Ziel der traumatherapeutischen Begleitung ist die Erfahrung: „Ich bin sicher“. Dazu muss das Erlebte so integriert werden, dass traumatische Zustände nicht mehr plötzlich ausgelöst werden. Dazu werden individuelle Bewältigungsmöglichkeiten entwickelt, Trigger identifiziert, die Persönlichkeit gestärkt. So wird der Zugang zu inneren Ressourcen und der Aufbau von Kraftquellen möglich.